salzburg.orf.at
15.9. 2002

 

Böhmdorfer: Genügend Schriftführerinnen im Kaprun-Prozess

Justizminister wirft Personalvertretung vor, Mitarbeitersituation ungerechtfertigt zu dramatisieren.

 

SALZBURG (SN, APA). "Für den Kaprun-Prozess stehen vier Schriftführerinnen zur Verfügung, die ausschließlich für diesen Prozess eingesetzt werden." So kommentierte Justizminister Dieter Böhmdorfer am Freitag die Tatsache, dass wegen eines fehlenden Protokolls von eineinhalb Verhandlungstagen im Juli das Kaprun-Verfahren am Donnerstag für eine Woche unterbrochen werden musste. "Die geringfügigen Verzögerungen werden von der Personalvertretung offensichtlich dazu verwendet, die Personalsituation in der Justiz ungerechtfertigt zu dramatisieren", betonte Böhmdorfer.

Bei Prozessbeginn sei auch die modernste technische Ausstattung zur Verfügung gestellt worden, so Böhmdorfer. Die geschriebenen Protokolle können elektronisch vom Schreibdienst des Landesgerichtes Salzburg zum Verhandlungsort im Salzburger Kolpinghaus übermittelt werden. Dort würden CD-Brenner zur Verfügung stehen, sodass allen beteiligten Rechtsanwälten jedes Protokoll auf CD-ROM zur Verfügung gestellt werden könne.

Richtig sei allerdings, dass wegen der Erkrankung und eines Urlaubs einer der vier Schriftführerinnen das Protokoll über eineinhalb Verhandlungstage bisher nicht ausgefertigt werden konnte, erklärte der Minister. Gemessen an der Gesamtzahl der bisherigen Verhandlungstage sei dies allerdings nur ein Bruchteil des außergewöhnlich umfangreichen Verhandlungsprotokolles. In den nächsten Tagen werde auch dieser fehlende Teil auf CD-ROM den Rechtsanwälten zur Verfügung gestellt. Die Voraussetzungen für einen geordneten Verhandlungsablauf seien daher gegeben.

 

Fagan erwartet schon für Mai Prozess in Amerika
Der amerikanische Schadenersatz-Prozess nach der Brand-Katastrophe in Kaprun könnte schon im kommenden Mai in New York beginnen. Das sagte der US-Anwalt Ed Fagan am Mittwoch bei einem Besuch in Salzburg.

 

Sieben Firmen verklagt
Fagan geht auch davon aus, dass sich das amerikanische Gericht bei allen angeklagten Firmen für zuständig erklärt. Bisher müssen sich die deutsche Siemens AG und der Hydraulikhersteller Bosch-Rexroth einem Prozess in den USA stellen.

Nach dem verheerenden Feuer in Kaprun haben Ed Fagan und seine Anwälte in Amerika sieben Firmen auf Schadenersatz verklagt - darunter die Kapruner Gletscherbahnen und Swoboda, den Hersteller der verbrannten Garnitur. Alle diese Firmen müssten auch vor das amerikanischen Gericht, zeigte sich Fagan am Sonntag in Salzburg überzeugt:

 

Ed Fagan, US-Anwalt
"Diese Richterin arbeitet sehr schnell. Sie hat jetzt entschieden, dass die deutsche Siemens AG und Bosch-Rexroth vor Gericht müssen. Jetzt arbeitet sie an den nächsten Entscheidungen. In zwei bis vier Monaten sollte feststehen, welche Firmen vor Gericht müssen. Ich glaube, dass dann in neun Monaten der Prozess beginnt."

Hinterwirth erwartet hohe Schadenersatz-Zahlungen
Den Firmen stünden im Fall einer Verurteilung auf jeden Fall hohe Schadenersatz-Zahlungen bevor, ist Jürgen Hinterwirth, der Salzburger Partner von Ed Fagan, überzeugt.

Denn zum einen entscheide die amerikanische Richterin bei jeder einzelnen Firma, ob für sie amerikanisches, deutsches oder österreichisches Recht gilt. Und zum anderen legten alleine die sechs Geschworenen in New York die Höhe des Schadenersatzes an die Hinterbliebenen der Kaprun-Opfer fest, sagt Hinterwirth:

 

Jürgen Hinterwirth, Rechtsanwalt und Salzburg-Partner von Ed Fagan
"Unserer Meinung nach heißt das, dass bei einem Verfahren in Amerika die Jury, die dort an keine Obergrenzen gebunden ist, dass also die Jury dort sich auch bei DEN Firmen, wo unter Umständen österreichisches Recht Anwendung findet, sich nicht an die von der österreichischen Judikatur vorgegebenen Grenzen halten wird. Keiner kann sich vorstellen, dass diese Jury nur deshalb, weil sie bei einem Beteiligten österreichisches Recht anwenden muss, diesem Beteiligten nur 10.000 Dollar zuspricht."

Fagan: "Dieser Prozess wird an den Unis gelehrt"
Deshalb hätten die angeklagten Firmen auch schon eine außergerichtliche Einigung über Schadenersatz angeboten, sagte Fagan. Doch der US-Anwalt will hart bleiben und den Prozess durchziehen:

Ed Fagan
"Wir werden zu Gericht gehen. Das wird ein Prozess werden, der an den Universitäten gelehrt wird."

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