Kurier.online

03.11.2001

Drei Millionen Mark für jedes Kaprun-Opfer

Hamburg - Knapp ein Jahr nach der Seilbahn-Katastrophe von Kaprun erwarten die Hinterbliebenen der 155 Todesopfer Schadenersatz in Höhe von insgesamt fast einer halben Milliarde Mark. Der Münchner Anwalt Michael Witti, der die Angehörigen von 14 Opfern vertritt, bezeichnete in "Bild am Sonntag" die Bundesrepublik Österreich als Hauptschuldige des Unglücks. "Sie ist nicht nur über eine Tochtergesellschaft die größte Anteilseignerin der Gletscherbahnen AG. Sie trifft auch eine Schuld durch Unterlassung, weil sie keinerlei Brandschutzvorschriften für den Betrieb der Bahn machte", sagte Witti.



Gravierende Sicherheitsmängel
Neben dem defekten Heizlüfter habe die Unglücksbahn noch zahlreiche weitere gravierende Sicherheitsmängel aufgewiesen, die erst zu dem schrecklichen Ausmaß der Katastrophe geführt hätten. "Wir rechnen damit, dass pro Opfer eine Entschädigung von rund drei Millionen Mark (etwa 1,53 Mill. Euro/21,1 Mill. S, Anm.) gezahlt wird", sagte der Anwalt.

Keine Fluchtmöglichkeiten
Witti beruft sich auf ein Gutachten des Unfallsachverständigen Klaus Hellmich, das "Bild am Sonntag" nach eigenen Angaben vorliegt. Demnach war der Heizlüfter lediglich der Auslöser des Brandes im Führerstand der Bahn. Zu der hohen Opferzahl habe es nur deshalb kommen können, weil in der Bahn entgegen gängigen Sicherheitsstandards keine Fluchtmöglichkeiten bestanden hätten. Zudem seien Teile der Gletscherbahn statt aus Aluminium aus dem Kunststoff GFK hergestellt worden, der beim Brand giftige Gase freigesetzt habe.

Bewusste Verzögerung des Strafverfahrens
Witti kritisierte, der Beginn des Strafverfahrens zu dem Unglück werde bewusst verzögert. "Vor der Wintersaison soll die Tatsache verschwiegen werden, dass auch für die anderen österreichischen Seilbahnen keine ausreichenden Brandschutzvorschriften existieren."

37 deutsche Urlauber starben
Am 11. November 2000 war in der Gletscherbahn im Tunnel zum Kitzsteinhorn Feuer ausgebrochen. Unter den 155 Todesopfern waren 37 deutsche Urlauber.

APA/AP/hei

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