salzburg.orf.at
28. Juli 2002

Zugskonstrukteur und Monteur sagen aus
Im Prozess um die Gletscherbahnkatastrophe von Kaprun sind am Freitag neben dem Konstrukteur des Zuges auch der erste Monteur der Firma Rexroth befragt worden. Beide bekannten sich nicht schuldig.

Leitungsführung war schon vorgegeben
Der erste Rexroth-Monteur hatte die Hydraulikleitungen hinter dem brandauslösenden Heizlüfter verlegt. Er habe sich nicht nach einer möglichen Zündquelle in der unmittelbaren Umgebung erkundigt, weil die Leitungsführung schon vorgegeben war, sagte er aus.

Er könne sich nicht mehr daran erinnern, ob bei der Montage der Schläuche der Heizlüfter bereits eingebaut war. Laut Strafantrag sollen es der Monteur und zwei weitere Mitarbeiter verabsäumt haben, für eine brandsichere Trennung zwischen Heizkörper und Leitungen zu sorgen.

Wenn er gewusst hätte, was er heute - nach durchgeführten Versuchen mit einem Gutachter - wisse, "hätte ich empfohlen, den Heizlüfter wo anders zu montieren."

Von Seiten des Unternehmens Rexroth sei den Gletscherbahnen Kaprun ein Wartungsvertrag mit jährlichen Kontrollen angeboten worden, erklärte der Monteur. Dies sei aber von einem Mitarbeiter der Bahn abgelehnt worden. Durch Temperaturschwankungen und Alterserscheinungen könnten undichte Stellen an den Hydraulikleitungen entstehen. Solche Abnützungen hätte man jedoch bei Wartungsarbeiten sehen können.

"Projektleiter wusste von Heizlüfter"
Er habe den Heizlüfter Marke Fakir nicht gekauft, auch nicht eingebaut und habe sich deshalb nichts vorzuwerfen, sagte der technische Kontrukteur des Gletscherzuges vor Gericht.

Der 34 Jahre alte Techniker nennt - ebenso wie der Geschäftsführer der Firma Swoboda, der vor drei Tagen vernommen wurde - den Projektleiter als Verantwortlichen für den Kauf und Einbau des Heizlüfters. Dieser Mann habe entschieden, nachdem der eigentlich für die Führerstände vorgesehene Heizlüfter nicht mehr erhältlich war, das Modell Fakir zu kaufen.

Dass das Gerät in die Gletscherbahn eingebaut werden sollte, habe der Projektleiter gewusst. Dieser Mann ist aber von der Staatsanwaltschaft nicht beschuldigt worden, für das Unglück mit 155 Toten verantwortlich zu sein.

Kapruner Standseilbahn ist kein Fahrzeug
Die Frage, ob der Heizlüfter in die Standseilbahn eingebaut hätte werden dürfen, stellt sich für den Beschuldigten der Firma Swoboda im Nachhinein nicht. "Es ist überhaupt nicht gesichert, dass es sich bei der vorliegenden Beschreibung um genau dieses Modell der Marke Fakir handelt", so der 34-Jährige. Der Zusatz, wonach das Gerät nicht für den Einbau in Fahrzeuge zugelassen sei, greife in diesem Fall ins Leere.

Bei der Kapruner Standseilbahn handle es sich nicht um ein Fahrzeug, sondern lediglich um ein Betriebsmittel, weil sie weder einen eigenen Antrieb noch den dazu benötigten Treibstoff mit sich führe.

"An einen Brand dachte niemand"
Über die zu nahe am Heizlüfter verlegten Hydraulikleitungen sagte der Konstrukteur, dass diese lange nach der Montage der Heizlüfter in die Gletscherbahn eingebaut worden seien, und
zwar nicht von der Firma Swoboda, sondern einem anderen Unternehmen.

Es sei nie die Rede davon gewesen, dass diese Leitungen unmittelbar hinter dem Heizlüfter verlegt werden sollten. Wie alle Beschuldigten vor ihm sagte der Techniker, an einen möglichen Brand sei nie gedacht worden.

 

Reaktionen:

Heizlüfter und Hydraulikleitung
archeman, vor 0min
Mich würde interessieren, wie denn diese Heizlüfter betrieben worden sind. Es gibt keine Netzspannung von 220 V im Fahrzeug während der Fahrt, nur an den Endpunkten zu Berg oder zu Tal. Und was soll eine Hydraulik? Auch ohne 220 V, ohne eine bei Landfahrzeugen übliche Bremse? Oder ist die Fangbremse gemeint? Die war aber mit Sicherheit von Anfang an eingebaut. Theo

Nacher ist "man" immer g¿scheiter,
helikopter, vor 2h 14min
aber ein Aspekt scheint mir doch interessant : irgendwo wurde (auch) berichtet, daß die Hydraulik-flüssigkeit "biologisch" gewesen wäre. Kann es sein, daß eine "normale", d. h. mineralische, einen wesentlich höheren Flammpunkt gehabt hätte und deshalbe nicht in Brand geraten wäre ? - das "Bio-Öl" erinnert mich fatal an die aus landschaftsschützlichen (!) Gründen aus Holz (!) gefertigten Leitplanken am Wolfgangsee, die in keinster Weise stark genug waren, den schlitternden Bus vor¿m Absturz in¿s eiskalte Seewasser zu hindern - für mich eine Riesen-Sauerei, auch weil die dafür Verantwortlichen - die Herren Natur-Schützer - in keinster Weise zur Rechenschaft gezogen wurden !

Aja, daher schloss der
luginsland, vor 4h 43min
Heli H. messerscharf, dass nicht sein kann, was nicht sein darf. Endlich kommen die Naturschützer auf die Anklagebank des int. Gerichtshofpräsidenten hinterm Mönchsberg. Wenns nicht so traurig wäre, müsste diesem Lachapostel der Salzburger Stier und Valentinsorden als gesammeltes Werk überreicht werden.

>lug - oder bist `ne lug-in ?
helikopter, vor 4h 5min
- meine klar Frage war, ob die verwendete "Bio-Hydraulik-Flüssigkeit" einen (wesentlich) niedrigeren Flammpunkt - das ist die Temp., bei der sie zu brennen beginnt - hatte als "normale" auf Mineralöl-Basis. Wennst entweder die Frage nicht kapiert hast oder die Antwort nicht weisst, vorschlage einfach s¿Zuckergoscherl zu halten und nicht blöd zu polemisieren - außerdem hast mal versprochen, meine ausgewogenen Stellungnahmen *g* nicht mehr zu kommentieren - schon vergessen ???

Oberpräpotenzler Helmut H.,
luginsland, vor 3h 30min
glaubst ernsthaft, du hast das Monopol auf freie Meinungsäusserung ? Oder bist scho wieder fett ?

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Salzburger Nachrichten
28. Juni 2002

Beschuldigteneinvernahme im Kaprun-Prozess fortgesetzt

Konstrukteur der Firma Swoboda: Projektleiter hat nicht den bestellten Heizlüfter besorgt

SALZBURG (APA). Im Prozess um die Seilbahnkatastrophe von Kaprun musste sich am Freitag jener Mitarbeiter der Firma Swoboda verantworten, der nach Angaben des - ebenfalls des Vergehens der fahrlässigen Herbeiführung einer Feuersbrunst beschuldigten - leitenden Angestellten der Firma den Heizlüfter bestellt und "in eigener Verantwortung eingebaut" hatte.

Mit einer beigelegten Beschreibung des Gerätes habe er einen Heizstrahler der Marke "Domo" über die unternehmenseigene Einkaufsabteilung bestellt, letztlich habe dann jedoch der Verantwortliche bei Swoboda über den Fachhandel ein anderes Gerät besorgt, so der 34-Jährige bei seiner Einvernahme durch Richter Manfred Seiss im Salzburger Kolpinghaus. Er bekannte sich nicht schuldig.

Weil das ursprünglich vorgesehene Gerät - das auch in den Salzburger Festungsbahnen eingebaut worden sei - nicht mehr verfügbar gewesen wäre, wurden "vom Aussehen her genau dem bestellten Heizlüfter entsprechende" andere Geräte angeschafft. "Ich weiß, dass er (der damalige Projektleiter, der die Firma Swoboda inzwischen verlassen hat, Anm.) sie selbst besorgt hat", so der 34-Jährige. Dabei habe es sich um ein "bestehendes und von den Behörden abgenommenes System" gehandelt, so dass "ich nicht mehr lange nachzufragen brauchte", meinte der Beschuldigte weiter.

Von den Hydraulikverlegungen im Zug habe er "nichts gewusst", beteuerte der 34-Jährige. "Ich habe nicht damit gerechnet, dass neben dem Heizkörper Leitungen verlegt werden".

Über Brandsicherheit der verwendeten Materialien sei "nie diskutiert worden". Die Ausstattungsdetails seien in Gesprächen mit dem Betriebsleiter der Gletscherbahnen abgeklärt worden. Entscheidungen darüber, welche Materialien eingesetzt werden sollten, seien ihm teilweise von seinem Vorgesetzten mitgeteilt worden, aber einiges - wie die Auswahl von Bodenblech, Schrauben oder Scharniere - "konnte ich selbst auf Grund meiner Erfahrung entscheiden". Großteils wären die Materialien jedoch bereits zu Beginn festgestanden. Das als Füllmaterial verwendete Styropor sei bei Swoboda "Standard" gewesen.

Wie die bisher vernommenen Beschuldigten weigerte sich auch der Mitarbeiter der Firma Swoboda auf Fragen der - mittlerweile nicht mehr sehr zahlreich anwesenden - Privatbeteiligtenvertreter zu antworten. "Auch mir fällt die starke Fluktuation auf", erklärte Einzelrichter Seiss und kündigte auf Anfrage von Verteidiger Rene Musey an, dass "längere Abwesenheitszeiten auf jeden Fall schriftlich festgehalten" würden. Auch unter den Reihen der Angehörigen von Opfern der Brandkatastrophe blieben am Freitag viele Sitzplätze leer: Lediglich neun von ihnen verfolgten die Verhandlung im Gerichtssaal.

 

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