Kurier
17.06.2002 20 : 36 Uhr

16 Angeklagte: "Es geht um die Existenz"

Richter Manfred Seiss wird im Kaprun-Prozess über Schuld oder Unschuld von 16 Angeklagten zu urteilen haben. 13 von ihnen sind wegen fahrlässiger Herbeiführung einer Feuersbrunst angeklagt. Drei von ihnen stehen wegen fahrlässiger Gemeingefährdung vor Gericht.

Verfahrenskosten in Millionenhöhe

Alle bekennen sich derzeit nicht schuldig. "Es geht bei einigen Firmen um die Existenz. Bei dem Prozess geht es nicht nur um die Strafe, sondern um Verfahrenskosten in Millionenhöhe", sagt Richter Seiss.

"Die Gutachten sind so vernichtend"

Den Angeklagten droht eine Strafe von bis zu fünf Jahren Haft. Die Opfer-Anwälte hoffen aus Gründen der Generalprävention auf harte Strafen. "Die Gutachten sind so vernichtend", meint der Salzburger Anwalt Jürgen Hinterwirth.

Bauweise, Ausstattung, Betreibung

Angeklagt sind drei Verantwortliche der Gletscherbahnen AG. Sie werden beschuldigt, nicht für eine sichere Bauweise, Ausstattung und Betreibung der Bahn gesorgt zu haben.

Nicht für brandsichere Trennung gesorgt

Monteuren der Firma Swoboda wird vorgeworfen, einen Heizkörper eingebaut zu haben, der nicht für den Betrieb in Fahrzeugen vorgesehen ist. Angestellte der Firma Mannesmann-Rexroth montierten die verhängnisvollen Hydraulikleitungen ganz in der Nähe der Rückwand des Heizstrahlers, ohne für eine brandsichere Trennung zu sorgen.

Techniker sollen schlampig gearbeitet haben

Beamten des Verkehrsministeriums wird vorgeworfen, dass sie die Auflagen nicht ausreichend überprüft haben und dass ihnen neue Wagenaufbauten überhaupt nicht auffielen. Auch Techniker des TÜV sollen ihre Arbeit nur schlampig verrichtet haben.

Brandschutztür im Alpincenter funktionierte nicht

Weil die Brandschutztür im Alpincenter nicht richtig funktionierte, stehen ein Angestellter der Firma ATS, der Prüftechniker eines Zivilingenieurbüros und der Bauleiter des Alpincenters vor Gericht.

 

17.06.2002 20 : 25 Uhr
Kaprun-Prozess: Wieviel er kostet

Gerichtskosten
Die derzeitigen Kosten betragen laut Gerichtspräsident Walter Grafinger 1,5 Millionen Euro. Darin enthalten sind die Bergekosten für das Wrack, die Gutachten, die Anmietung des Kolpinghauses (120 Euro/Tag) und die Miete für die Voest-Halle.

Technische Ausrüstung
Für den Prozess wurde noch Technik im Wert von 21.800 Euro (Videoaufzeichnung, Übertragung in Säle) beschafft.

Folgekosten
Das Wrack muss für einen Lokalaugenschein wieder aufgebaut werden.

 

Reaktionen:

misty, 2002-06-18 11:37
prozessverschleppung
wenn sich die justiz erst bei internationalem interesse bemüht schnell zu sein dann weiss ich jetzt warum seit 6 jahren der prozess gegen die comment vermögensberatung in wien nicht in gang kommt man müsste eingestehen mit kanonen auf spatzen geschossen zu haben kostet dem österreichischen staat nur ca 10 mio euro

 

17.06.2002 20 : 45 Uhr
Chronologie: Wie es zu dem verheerenden Brand kam

Im Strafantrag der Staatsanwaltschaft wird minutiös nachgezeichnet, wie es am 11. November 2000 zur tragischen Brandkatastrophe in Kaprun kam: Als die "Kitzsteingams" kurz vor neun Uhr die Talstation verließ, waren 161 Personen und der Zugführer im Wagen. Im talwärts fahrenden "Gletscherdrachen" befanden sich ein Zugführer und ein Fahrgast.

Hydrauliköl trat aus

Das Feuer im rechten Heckbereich dürfte bereits in der Talstation entflammt sein. Grund dafür war, dass bereits über längere Zeit Hydrauliköl aus einer undichten Leitung ausgetreten war und direkt auf die Holzverkleidung, die Dichtwolle und den nachträglich eingebauten Heizlüfter getropft ist.

Druckabfall stoppte Zug

Am Tag des Unglücks überhitzte der Heizlüfter und entflammte die mit Öl durchtränkte Umgebung. Beim Einfahrt in den Tunnel rauchte die Bahn bereits. Unglücklicherweise war der Zug bereits 530 Meter in den Tunnel eingefahren, als die Bahn von selbst stoppte. Durch den Ölverlust war es zu einem Druckabfall gekommen, der den Stopp auslöste.

Kaminwirkung im Tunnel

In der Zwischenzeit waren auch die Hydraulikmessleitungen geplatzt. Hydrauliköl spritzte heraus und nährte damit das Feuer. In der Führerkabine entwickelte sich in kürzester Zeit sehr viel Rauch. Durch die Kaminwirkung im Tunnel konnten sich Feuer und Rauch noch rascher ausbreiten. Einigen Passagieren gelang es, ein Kunststofffenster einzuschlagen. Zwölf Personen konnten sich retten und talwärts aus dem Tunnel flüchten.

Tod durch Rauchgase

Dem Zugführer gelang es noch, über den Notschalter die rechte Tür zu öffnen. Einige Fahrgäste versuchten, auf der schmalen Stiege bergwärts zu entkommen. Sie starben aber, wie auch die Insassen des Gletscherdrachens und drei Personen im Alpincenter, an den sich rasch ausbreitenden Rauchgasen.

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Salzburger Nachrichten

Letzte Vorbereitungen für den Kaprun-Prozess im Kolpinghaus

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